Herbst Winter 2022

Digitale Baustelle von morgen

Dass innovative Technologien die Produktivität maßgeblich steigern, wurde bereits auf zahlreichen Großbaustellen deutlich. Welchen Mehrwert diese Tools bei der Umsetzung von kleinen und mittleren Baustellen generiert, wird im Rahmen eines Pilotprojekts von RIEDERBAU und AGA-BAU am Schopperweg in der Festungsstadt Kufstein getestet.

In ruhiger und dennoch zentrumsnaher Lage ist Kufstein bald um ein Wohn- & Geschäftshaus reicher. Auf 1.605 m2 entstehen 13 moderne Wohneinheiten und zwei Büros. Umrahmt von der umliegenden Bergwelt reicht der Blick in den oberen Geschossen sogar bis zu den historischen Gemäuern der Festung. „In der Planungsphase haben wir uns bereits früh dazu entschlossen, zwei Baukörper auf dem vorgesehenen Grundstück zu realisieren und auf diese Weise eine behagliche Struktur und Durchlässigkeit zu schaffen“, erläutert Fabian Gfäller von RIEDERBAU. Der Projektleiter betont die bewusste Entscheidung für ein heutzutage nicht mehr selbst- verständliches Vordach: „Es erfüllt nach wie vor eine wichtige Funktion, weil es die Fassade vor Regen oder Schnee schützt. An der Architektur und Gestaltung des Gebäudes war auch Ivan Tadic, Planung & Architektur, maßgeblich beteiligt: „Mit Faschen rund um Fenster und Türen konnten wir einen weiteren optischen Akzent setzen.“ Ausgestattet mit einer Wohnraumlüftung bieten die 2-, 3- und 4-Zimmer-Einheiten offene und licht- durchflutete Wohnräume samt großzügigen Balkonen.

"Mit RIEDERBAU haben wir den idealen Partner: Man kann technisch auf Augenhöhe kommunizieren und hat in allen Belangen – sei es von Planungsideen bis hin zu Tischlerarbeiten – sofort ein kompetentes und motiviertes Team bei der Hand."

Ariane Gasteiger

ZWEI BAUKÖRPER, ZWEI FUNKTIONEN

 

Während in einem Baukörper die Wohneinheiten errichtet werden, entstehen im anderen Gebäudetrakt moderne Büros für das Kufsteiner Unternehmen AGA-BAU. „Das erste Obergeschoss fungiert künftig als Großraumbüro mit flexiblen Arbeitsplätzen, Telefon-Kojen und einer Chillout-Zone für unsere Informatik-Abteilung. Im Erdgeschoss werden geräumige Arbeitsplätze für unsere Planer*innen geschaffen“, erläutert Baumeisterin Adriane Gasteiger die räumliche Einteilung am neuen Standort. Für die Planung nutzte AGA-BAU alle Möglichkeiten der Digitalisierung, die dem Team aktuell zur Verfügung stehen. „RIEDERBAU - Alexandra Seliger, Architektur & Interior Design, die uns in der gestalterischen Planung unterstützte, sowie Fabian Gfäller und sein Team waren in den letzten Monaten starke Partner*innen“, betont Adriane Gasteiger die gute Zusammenarbeit.
 

DIGITALES HANDWERK UNTER DER LUPE

 

Die Besonderheit des neuen Wohn- & Geschäftshauses liegt zweifelsohne in der Abwicklung. Die Unternehmen RIEDERBAU und AGA-BAU – beide Vorreiter im Bereich der Digitalisierung – sind gesamtheitlich für die Umsetzung verantwortlich und möchten im Rahmen dieses Pilotprojekts neue Planungs- und Baumethoden testen sowie weiterentwickeln. „Bei Großbaustellen kommen bereits zahlreiche Technologien zum Einsatz. Wir wollen allerdings erörtern, welche Vorteile diese Tools auch bei kleinen und mittleren Bauvorhaben mit sich bringen“, so Anton Rieder. In erster Linie geht es dem Baumeister darum, hochwertige Gebäude in Zukunft schneller und effizienter zu bauen.

 

BUILDING INFORMATION MODELING ALS BASIS

 

Dass beide Akteure bereits seit Jahren mit Building Information Modeling – kurz BIM – arbeiten, erweist sich im Rahmen der Abwicklung als großer Vorteil. Das digitale und langjährig erprobte Gebäudemodell, welches der Realität so gut wie möglich entspricht und das laufend mit tagesaktuellen Informationen ergänzt wird, dient als Basis für alle Beteiligten. Wettergegebenheiten, Baufortschritte und Fotos werden mithilfe der Webapplikation „Sitelife“ einfach und rasch implementiert. Diese und viele weitere Informationen werden zu Kennzahlen „veredelt“, die der effizienten Abwicklung und später auch einem computergestützten Facilty Management (CAFM) dienen sollen.

 

INNOVATIVE TAKT- UND SCHALUNGSPLANUNG

 

Die Takte werden zudem gemeinsam mit dem Polier besprochen, die erforderliche Schalung modelliert und diese der Baustelle digital auf einem Laptop zur Verfügung gestellt. „Die Schalungsplanung erfolgt über eine App in der nativen Software, langfristiges Ziel ist es jedoch, in der App ‚Sitelife‘ die Taktplanung und die Schalungsplanung ‚Just in time‘ zu generieren“, beschreibt der Geschäftsführer von AGA-BAU, Anton Gasteiger, die Vorgehensweise. Das fertige gespeichert. Die ausführende Firma kann dadurch genau dokumentieren, dass das IST-Bauteil mit dem SOLL-Bauteil ident ist. Eine Schalungsabnahme ist somit auch schon vor dem Betonieren als digitaler Check möglich. Zusätzlich zu den bereits genannten Tools wird von Contakt – einem Unternehmen der Umdasch Group Ventures – die Schalung mit Sensoren getrackt und die Betonfestigkeit überwacht. Das Führen der digitalen Tagesberichte erlaubt es zudem, den genauen Arbeitsstand aufzuzeigen, um nur einige der eingesetzten Technologien am Schopperweg zu nennen.

WEGE FÜR DIE DIGITALISIERUNG EBNEN

 

„Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.“ Dieses Sprichwort von Aristoteles beschreibt den Wandel der Zeit besonders gut. Die Digitalisierung schreitet unaufhaltsam voran und „weht“ über die Baubranche. Um auf Kurs zu bleiben, braucht es Menschen, die bereit sind, neue Wege zu gehen. Das Pilotprojekt am Schopperweg Kufstein ist ein gutes Beispiel dafür und Anton Rieder zieht Resümee: „Wir haben dort viele digitale Technologien ausprobiert. Es geht in die richtige Richtung, aber es braucht noch Zeit, bis sie für kleine und mittelgroße Baustellen einsatzbereit sind. Die Anwenderfreundlichkeit muss weiter steigen und verschiedene Systeme müssen zusammengeführt und damit kompakter werden.“ Laut dem Baumeister steht die Baubranche im Vergleich zur Industrie in Sachen Digitalisierung vor mehreren Herausforderungen: „Prozesse sind die mechanische Form der Aktion. Dabei werden menschliche Interaktionen in wiederholbare Blöcke umgewandelt und somit verständlicher, wiederholbarer, messbarer und verbesserbar gemacht. Am Bau ist es besonders schwierig, solche Prozesse festzulegen, weil jedes Projekt neue Teams und neue Voraussetzungen mit sich bringt. Zudem haben unterschiedliche Akteur*innen wie beispielsweise Architekt*innen und Haustechniker* innen auch unterschiedliche Regularien. An diesen Schnittstellen müssen wir ansetzen und sie an die digitale Welt anpassen.“ Fazit: Die Digitalisierung erfordert Durchhaltevermögen und die Bereitschaft, neue Tools zu testen, um letztendlich zu erkennen, wie die Segel gesetzt werden müssen.