Frühjahr Sommer 2022

Heraus­forderung „Wärmewende“

Fossile Brennstoffe haben ein Ablaufdatum. Um unsere Gebäude klimafreundlich zu heizen, ist ein Umstieg auf erneuerbare Energien unabdingbar. Wie können wir die Wärmewende bewerkstelligen? Welche Heizsysteme werden morgen den Ton angeben? Ein Blick in die Zukunft.

Elektroautos, Solarzellen, Windräder – in den Bereichen Mobilität und Stromversorgung ist die viel zitierte Energiewende bereits deutlich spürbar. Eine mindestens genauso bedeutende Rolle spielt der dritte Eckpfeiler auf dem Weg hin zu nachhaltigen Energiequellen: der Wärmesektor. Macht die Wärme doch insgesamt rund die Hälfte des Energieverbrauchs aus. Mit Blick auf die aktuellen Heizformen liegt das proklamierte Ziel, bis 2040 in Österreich klimaneutral zu werden, jedoch noch in weiter Ferne: Zurzeit beziehen fast 40 Prozent aller heimischen Haushalte ihre Wärme aus endlichen Rohstoffen. Das muss sich ändern, denn Gas- und Ölkessel emittieren Treibhausgase und befeuern damit die Klimakrise. Außerdem geht diese Art von Energieträgern mit einer nicht zu vernachlässigenden Importabhängigkeit einher.

 

Aber wie gelingt die Abkehr von fossilen Brennstoffen? Vor allem brauche es mehr Ansporn seitens des Gesetzgebers, wie Stefan Ritzer, Geschäftsführer von HFP Gebäudetechnik darlegt: „Um ein Umdenken bei der Bevölkerung als auch bei Entscheidungsträger*innen in der Wirtschaft zu bewirken, müssen stärkere Anreize geschaffen werden“. Als starker Partner übernimmt das Ingenieurbüro mit Standorten in Hall in Tirol und Schwoich sämtliche Leistungen rund um die technische Gebäudeausrüstung von RIEDERBAU. Dank der engen Zusammenarbeit konnten bereits zahlreiche Bauprojekte erfolgreich umgesetzt werden. Dies ist vor allem auch dem Einsatz von Building Information Modeling – kurz BIM – zu verdanken: Durch die digitale Planung werden sämtliche Prozessschritte erfasst, kombiniert und vernetzt, sodass eine lückenlose Kommunikation zwischen allen Beteiligten sowie eine perfekte Koordination aller Arbeitsabläufe möglich ist.
 

WÄRMEPUMPE AUF DEM VORMARSCH

Alternativen zu Öl- und Gasheizungen gibt es einige. Laut Stefan Ritzer hat vor allem ein System großes Potenzial, um sich langfristig durchzusetzen: „Wärmepumpen liegen derzeit voll im Trend und nehmen vor allem in ländlichen Gebieten eine aussichtsreiche Stellung ein. Nichtsdestotrotz haben wir auch dort noch viel Luft nach oben. In Tirol setzen gerade einmal 10 Prozent auf diese Technologie.“ Wärmepumpen nutzen die natürliche Energie aus der Luft, dem Grundwasser oder der Erde und geben diese in Form von Heizwärme an das Gebäude ab. Etwa drei Viertel der Energie werden so klimaneutral und kostenlos aus der Umwelt entnommen. Das restliche Viertel wird für den elektrischen Betrieb des Kompressors benötigt und stammt aus dem Stromnetz. Wer besonders ressourcenschonend heizen möchte, setzt idealerweise auf eine Kombination mit einer Photovoltaikanlage. Neben Nachhaltigkeit und niedrigen Betriebskosten punkten Wärmepumpensysteme auch mit Förderungen durch die öffentliche Hand.

 

AUS ALT MACH NEU

Die Effizienz steht und fällt mit dem Gebäudewärmeschutz. Moderne Heizsysteme können noch so ökonomisch und nachhaltig sein – ohne eine adäquate Dämmung geht Wärme verloren, was sich wiederum negativ auf den Energiebedarf auswirkt. „Bei Neubauten sind wir in Österreich bereits auf einem sehr guten Niveau. Die größte Herausforderung stellt die thermische Sanierung von Bestandsgebäuden dar – hier brauchen wir unbedingt mehr Tempo“, so Ritzer. Dabei gebe es kein Patentrezept, wie man mit bestehenden Bauwerken umgeht. Es bedarf der Beratung von Expert*innen, welche von Fall zu Fall individuelle Konzepte entwickeln. „Oft bildet in Sanierungsobjekten die Fernwärme eine gute Möglichkeit. Hybridheizungen können übergangsweise eine Lösung sein, haben aber aufgrund der hohen Wartungskosten auf Dauer gesehen kein Zukunftspotenzial“, gibt der Gebäudetechnik-Spezialist einen Ausblick. Zusätzlich erschwert wird der hohe Sanierungsbedarf durch den in der Installations- und Elektrotechnikbranche vorherrschenden Fachkräftemangel. Zudem müssen neben Heiz- künftig auch Kühlsysteme miteinbezogen werden. In Österreichs Hitzepolen wie der Bundeshauptstadt Wien macht die Klimatisierung bereits jetzt einen großen Anteil aus. Laut Experten werden wir in Europa schon in zwanzig Jahren in etwa so viel Kühl- wie Heizenergie benötigen.
 

WIRTSCHAFTLICHKEIT VERSUS LEISTBARKEIT

Dass die Energiewende auch direkte Auswirkungen auf die Baubranche hat, liegt auf der Hand. Damit der Richtungswechsel zu einer erneuerbaren Wärmeversorgung klappt, muss auf ein stimmiges Gesamtkonzept geachtet werden, wie Ritzer erklärt: „Anstatt die einzelnen Komponenten wie Elektrotechnik, Heizsystem oder bauliche Elemente getrennt voneinander zu betrachten, sollten Bauherr*innen das Gebäude als Ganzes sehen.“ Nur so können auch die Kosten auf lange Frist miteinander verglichen und sinnvolle Entscheidungen getroffen werden. Generell sei eine Verlagerung der finanziellen Aufwände beobachtbar: Das Bauen an sich werde zwar teurer, gleichzeitig sinken aber – vor allem dank der innovativen Technologien im Bereich der Energieversorgung – die Betriebskosten, sodass sich die Preise insgesamt auf einem stabilen Niveau einpendeln.

ELEMENTE IM EINSATZ

3 VARIANTEN VON WÄRMEPUMPEN IM ÜBERBLICK

 

Wärmepumpe ist nicht gleich Wärmepumpe. Nichtsdestotrotz basieren die unterschiedlichen Geräte auf dem gleichen Funktionsprinzip: Die aus der Umwelt gewonnene Energie erwärmt ein flüssiges Kältemittel im Inneren der Pumpe, welches dadurch einen gasförmigen Zustand annimmt. Unter Druck erhitzt sich dieses Gas weiter. Ist die gewünschte Temperatur erreicht, wird diese Energie mittels Wärmetauscher auf das Heizwasser übertragen.

 

Erdwärmepumpe: Diese Wämepumpenart gewinnt ihre Energie aus dem Erdreich. Je nachdem, ob die Wärme aus oberflächennahen oder tiefen Schichten entzogen wird, unterscheidet man zwischen Anlagen mit Erdwärmekollektoren oder Erdsonden.

Grundwasserwärmepumpe: Die effizienteste aller Varianten arbeitet ausschließlich mit Wasser – sowohl als Trägermedium als auch als Wärmequelle – und bezieht ihre Energie aus dem rund 10 Grad Celsius warmen Grundwasser.

 

Luftwasserwärmepumpe: Hier dient die Umgebungstemperatur der Luft als Energiequelle.

Tipp: Diese Systeme kommen nicht nur zum Heizen, sondern auch zum Kühlen zum Einsatz. Im Gegensatz zu einer Klimaanlage kann bei der Wärmepumpe das bestehende Warmwasser-Heizsystem verwendet werden. Voraussetzung dafür ist die Kombination mit dem passenden Verteilsystem: So fungiert etwa im Sommer die Fußbodenheizung als Kühlung. Bei der Variante „Luftwasserwärmepumpe“ entsteht allerdings ein nicht zu vernachlässigender Strombedarf.