Zukunftsweisende Zusammenarbeit
Die Sprösslinge der Gemeinde Schwoich dürfen sich ab sofort auf einen neuen Kindergarten freuen. Das Pilotprojekt ist nicht nur in Tirol in aller Munde, denn das Gebäude wurde quasi doppelt gebaut – als 3D-Digitalmodell und im Anschluss in echt.
Man ist nie zu klein, um großartig zu sein. Ein Statement, das rund um den neuen Kindergarten in Schwoich gleich doppelt zutrifft: Dort wurde nicht nur ein großartiger Ort für die nächste Generation geschaffen, sondern auch eine großartige Zusammenarbeit aller Beteiligten geleistet. Bei der Errichtung des Gebäudes kam die Planungsmethode Building Information Modeling, kurz BIM, zum Einsatz, die bisher meistens nur von großen Unternehmen genutzt wird. Dieses Projekt, das von der Universität Innsbruck wissenschaftlich begleitet wurde, hat gezeigt, dass auch kleinen und mittelständischen Betrieben der Weg in die große, weite und vor allem digitale Welt des Bauens offensteht.
INTEGRALE ZUSAMMENARBEIT
Im Wesentlichen geht es bei BIM darum, die gesamte Wertschöpfungskette am Bau durch den Einsatz von vernetzten Informationstechnologien zu optimieren. Das Bauwerksmodell dient als Datenbasis für die integrale Zusammenarbeit. Es handelt sich somit nicht – wie oftmals vermutet – um eine Software, sondern um eine kooperative, digitale Arbeitsmethodik, die in allen Lebensphasen eines Gebäudes Anwendung findet. Bei der konsequenten Umsetzung ist ein Datenaustausch im eigentlichen Sinne nicht mehr notwendig, da das Gesamtmodell die einzige und stets aktuelle Basis für alle Beteiligten darstellt.
- „In der traditionellen Elektroplanung in 2D bestehen oft Konfliktpotenziale bei der Höhenzuweisung von Bauteilen. In der 3D-Planung kann ich jedem Bauteil eine Höhe zuweisen und sehe sofort, ob die Positionierung sinnvoll ist.“
KOGLERtec - „Der größte Vorteil liegt im Informationsgehalt des Modells. Durch die Verknüpfungen sind die Planungen weniger fehleranfällig.“
HFP Ingenieurbüro für Gebäudetechnik - „Mit BIM gelingt es, die Planung ohne Kostenüberschreitungen zu gestalten. Wir sind heute noch überrascht, wie reibungslos dieses Projekt abgelaufen ist.“
Altbürgermeister Josef Dillersberger - „Durch die Abrechnung über den digitalen Bautagesbericht und das Modell gibt es ein großes Einsparpotenzial bei den Zeitressourcen.“
Fuchs Baumanagement
KONZEPT DES "OFFENEN KINDERGARTENS"
Der neue Kindergarten hebt sich in vielerlei Hinsicht von anderen Betreuungsstätten ab. 100 Sprösslinge finden dort künftig auf 1.300 m2 jede Menge Platz. „Alle sechs Räume haben ein anderes Thema, wie z. B. Bauen oder Bewegung. Die Kinder sind zwar einer Gruppe zugehörig, können aber ab einer bestimmten Uhrzeit selbst entscheiden, wo sie sich am liebsten aufhalten möchten“, erläutert Adriane Gasteiger das Konzept des offenen Kindergartens. Die Baumeisterin des Unternehmens AGA-Bau war für die Generalplanung und Architektur im Einsatz. Erstmals kam dabei das BIM-System bei einem öffentlichen Gebäude zur Anwendung – und das auf Wunsch der Bauherren, wie Adriane Gasteiger berichtet: „Die innovative Einstellung des Schwoicher Bürgermeisters und das entgegengebrachte Vertrauen, sowohl von der Gemeinde als auch von den Projektbeteiligten, war wesentlich für die erfolgreiche Abwicklung.“
DIGITALER ZWILLING
Die Studie bestätigt, dass BIM über den ganzen Projektverlauf hinweg, von der Bestellung durch den Bauherrn, der Planung und Ausschreibung bis hin zur Bauausführung, funktioniert hat. Das Ergebnis ist ein hochqualitatives Gebäude, welches unter Einhaltung aller Kosten- und Terminvorgaben umgesetzt werden konnte. „Einer der vorrangigen Ansprüche seitens der Gemeinde war die frühe Einbindung der Nutzer*innen. Für den Kindergarten wurde vor Baustart ein digitaler Zwilling erstellt, den die Bauherren mittels VR-Brillen virtuell begehen konnten“, erläutert Adriane Gasteiger. Den größten Unterschied zur traditionellen Vorgehensweise sehen die Projektbeteiligten in der offenen Kommunikation untereinander, welche maßgeblich zur konfliktfreien Planung beigetragen hat. Auch das Team von RIEDERBAU, das seit Jahren mit BIM arbeitet, war in das Projekt involviert. „Wir waren für die Baumeisterarbeiten, Teile der Außenanlage, den Estrich, Innenputz und Vollwärmeschutz im Einsatz. Durch die professionelle Zusammenarbeit aller Beteiligten konnten wir die Planung kosteneffizient umsetzen. Dieses Pilotprojekt ist ein hervorragendes Beispiel dafür, dass BIM nicht nur für größere Unternehmen geeignet ist“, so Bauleiter Thomas Erharter. Die sehr guten Erfahrungen, welche die Gemeinde als öffentlicher Auftraggeber mit BIM gemacht hat, sollen nun mit weiteren Bauherren geteilt werden.